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Geschichte der Papiertapete

 

Die Papiertapete (engl. wallpaper, frz. papier peint) hatte ihre Vorbilder in hochwertigen Wandbekleidungen wie Ledertapeten,  verschiedenartigen textilen Bespannungen, Gobelins und bemalten Leinwand- oder Wachstuchtapeten. Eine Bedeutende Inspiration ging gleichfalls von den seit dem 17. Jahrhundert in Europa bekanntgewordenen Indiennes und Chinoiserien, den italienischen Vedutenmalereien oder den gerade wiederentdeckten römischen und pompejanischen Raumdekorationen, den Kattundrucken europäischer Herkunft und den deutschen Buntpapieren, wie dem Augsburger Brokatpapier, aus. Wo hier der Hauptschwerpunkt zu setzen ist, lässt sich nicht eindeutig sagen. Die Vielfältigkeit der Einflüsse blieb in den unzähligen Entwürfen und Mustern lebendig, führte aber gleichermaßen zu völlig eigenständigen Dessins, die der Tapete ihren festen Platz als Wandbekleidung sicherten.

 

Zu den unmittelbaren Vorläufern der farbig bedruckten Papiertapete zählen die Dominotierpapiere. Ursprünglich Andachtsbilder religiösen Inhalts, nahmen sie später mehr und mehr weltliche Motive und rein dekorative Darstellungen auf, die mit Buchdruckfarben bedruckt und zum Teil farbig schabloniert wurden. Die mit Holzmodeln bedruckten einzelnen Büttenbögen dienten zu Schmuckzwecken und zum Auskleiden von Möbeln. Bald entwickelten sich dank der erwähnten Einflüsse flächendeckende Motive, die sich für die Bekleidung von Wänden und Decken eigneten. Zunächst wurden diese Motive, die nun bereits einen Rapport besaßen, weiterhin auf einzelne Büttenpapierbögen gedruckt. Bedeutende Schritte in diese Richtung gelangen Jean-Michelle Papillon in Paris.

 

Gegen Mitte des 18. Jahrhunderts kamen aus England mit den vervollkommneten Flocktapeten (Velourstapeten) und den fernöstlich inspirierten Dekortapeten sowie den Wanddekorationen eines John Baptist Jackson die entscheidenden Impulse für die ersten wirklich als Papiertapeten zu bezeichnenden Erzeugnisse. Hier ist vor allem Jean‑Baptiste Réveillon zu nennen, der in seiner Manufaktur von La Folie‑Titon Tapetenrollen aus vorher zusammengeleimten Papierbögen mit haltbaren Leimfarben in Handdrucktechnik mit Flachmodeln bedruckte. Für den Entwurf der Muster beschäftigte er die besten Vertreter der dekorativen Künste jener Zeit. Damit war der Weg der Papiertapete nicht nur in die Wohnungen des Bürgertums, sondern auch in die Schlösser des Adels und der Königshäuser geebnet. Im späten 18. Jahrhundert entstanden in ganz Europa Tapetenmanufakturen, die um die ausgefallensten Ideen und schönsten Muster wetteiferten. Eine der bedeutendsten Manufakturen in Deutschland war die von Johann Christian Arnold in Kassel.

 

Um 1800 ist eine Blütezeit der Tapete zu verzeichnen. Fortan werden immer neue Raffinessen in Darstellung, Farbwirkung und Herstellungstechnik erreicht. So werden seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts neben den unzähligen Tapetenmustern die sogenannten Panoramatapeten und ab 1822 die Iristapeten hergestellt. Der Handdruck wird weiter vervollkommnet und verfeinert. Der Erfolg der Papiertapete und damit die steigende Nachfrage erforderten eine immer schnellere und effektivere Produktion. Ein erster entscheidender Schritt dazu war die Erfindung der Endlospapiermaschine im Jahre 1799, die erst mit ihrer Produktionsreife gegen 1830 die Herstellung größerer Mengen Endlospapier erlaubte. Zwischen 1830 und 1850 begann sich die  Walzendruckmaschine nach und nach durchzusetzen, die in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts den Handdruck fast völlig verdrängte. Nur für hochwertige Tapetenentwürfe wurde noch vereinzelt das Handdruckverfahren angewendet.

 

Die Industrialisierung der Tapetenherstellung hatte aber auch negative Auswirkungen. Um den Absatz von Tapeten in allen Bevölkerungsschichten zu sichern, mussten sie preisgünstig produziert werden, was sowohl einen stetigen Verfall der Qualität der Entwürfe als auch der Güte des Materials bewirkte. Mit der Erfindung des Holzschliffpapiers wurde zwar das Problem der Papierknappheit gelöst, das durch die ständig schwieriger werdende Beschaffung von Lumpen für die Hadernpapierherstellung entstanden war, gleichzeitig aber verringerte sich die Haltbarkeit der Tapeten durch den Holzschliffanteil und die saure Leimung in bedeutendem Maße.

 

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Maschinenleimdruck mit Prägetechniken und Gaufragen kombiniert. Der Handdruck gelangte mit dem "Modern Style" durch Künstler wie William Morris und mit dem Jugendstil nochmals zu einem qualitativen Höhepunkt, verschwand dann aber im Verlauf des 20. Jahrhunderts, zumindest in Deutschland, völlig. Die Tapetenherstellung im Maschinenleimdruck hat sich in technologischer Hinsicht im Wesentlichen seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bis heute kaum geändert.

 

In den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ging durch die Einführung neuer effektiverer Technologien die Produktion von Leimdrucktapeten immer weiter zurück.